Wie viele sind es denn nun? Anzahl der Menschen auf Demos

"Die Polizei sprach von etwa 3000 Teilnehmern, die Veranstalter gehen von 6000 Demonstranten aus" – ein Satz, der oft zu lesen und zu hören ist. Aber was ist nun die richtige Zahl? Wir erklären, wie es zu diesen Unterschieden kommt und wie Sie die Zahlen selbst überprüfen können, wenn Sie selbst dabei waren.

So kommen die unterschiedlichen Zahlen zustande


Bei kleineren Demonstrationen ist es noch recht einfach: "Wenn es sich um überschaubare Gruppen handelt, die auch hinsichtlich ihrer Zu- und Abgänge, also der Fluktuation, recht stabil sind, können wir zählen. Das machen wir teilweise, um die Anzahl der Personen genau zu erfassen", erklärt Jens Heidenfeldt von der Landespolizei Thüringen im Interview mit LandesWelle. Manchmal stehen dann Menschen am Rande der Kundgebung und zählen jeden einzelnen mit einem Klicker. Dies ist jedoch nur bis zu einer bestimmten Größe möglich. Doch dann wird es etwas komplizierter.

Die Polizei stützt sich in der Regel auf Erfahrungswerte. Außerdem wird die Zahl zu einem bestimmten Zeitpunkt übermittelt, sagt Jens Heidenfeldt: "Das nennen wir dann lageangepasst." Dann wird jede Stunde die aktuelle Zahl durchgegeben.

Wer hat denn nun Recht?


Auch die Veranstalter beziehen ihre Erfahrungen ein, aber im Allgemeinen überschätzen sie eher die Teilnehmerzahl. Die Polizei hingegen neigt dazu, konservativer zu schätzen. Beide Angaben sind jedoch eher Schätzungen. "In Zukunft könnten andere Akteure, die sich zu Demonstrationsteilnehmern äußern, möglicherweise mehr Möglichkeiten haben, zum Beispiel durch Luftbilder", sagt Jens Heidenfeldt. Die Polizei kann das derzeit nicht so leicht umsetzen, obwohl dies immer mehr gefordert wird. So äußert sich zum Beispiel der Soziologe Stephan Poppe, Dozent für Statistik und Soziologie, in einem Interview mit LandesWelle: "Es gibt schon seit längerem Forderungen, die ich auch immer gerne an die Polizei weitergebe, dass wir vielleicht bessere Überblicksbilder bekommen, wenn zum Beispiel Hubschrauber im Einsatz sind. Es gibt natürlich immer die Idee, dass auch mehr computergestützte, vielleicht KI-gestützte Auswertungen möglich sind."

Ganz schön schwierig, das einzuschätzen...


Als grobe Faustformel gilt: Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen. Bei großen Unterschieden kann diese Herangehensweise jedoch zu einer verzerrten Wahrnehmung der Demonstration führen. Allerdings haben Veranstalter ein Interesse daran, die Zahlen zu überschätzen, während die Polizei kein solches Interesse hat, im Gegenteil, wie Jens Heidenfeldt betont: "Wir haben ein Interesse daran, so seriös und stabil wie möglich zu bewerten, denn nur so können wir unseren Einsatz planen und vorbereiten, was viel wichtiger ist. Kein Polizeiführer ist erfreut, wenn er aufgrund einer zu geringen Schätzung im nächsten Einsatz mit einer unzureichenden Anzahl an Kräften dasteht und den Einsatz nicht bewältigen kann."

Die Zahlen in den Nachrichten


Als Nachrichtenmedium hat LandesWelle Thüringen, wie auch viele andere Medien, eine klare Herangehensweise: "Wir berufen uns immer auf die offiziellen Zahlen der Polizei, auch wenn es Veranstalterzahlen gibt", sagt Nachrichtenredakteur Leonard Adam von LandesWelle. Dabei spielt es keine Rolle, um welche Demonstration es sich handelt: "In der Regel werden die Zahlen der Polizei verwendet", fügt Leonard Adam hinzu. Sollten auch die Zahlen der Veranstalter erwähnt werden, wird dies deutlich gemacht, beispielsweise durch die Formulierung: "Die Veranstalter geben die Teilnehmerzahl mit XYZ an."

So können Sie die Teilnehmerzahlen selbst einschätzen


Unter Journalisten beliebt ist das Online-Tool MapChecking. Dieses können Sie nutzen, falls Sie selbst bei einer Demonstration dabei waren:

  1. Auf der Map suchen Sie ihren Veranstaltungsort, zum Beispiel in Ilmenau der Wetzlarer Platz oder den Von-Westerhagen-Platz in Greiz
  2. Sie können dann mit der Maus die ungefähre Fläche abzeichnen, auf der die Menschen standen. Beispielsweise stehen Menschen nicht auf dem kompletten Marktpatz, sondern nur in einer Ecke.
  3. Dann geben Sie ein, wie dicht die Menschen ungefähr beieinander standen. Bilder helfen Ihnen dabei, das einzuschätzen.
  4. Das Tool rechnet Ihnen aus, wie viele Menschen dort standen, Sie können mit einem Regler noch schauen, wie sich die Zahlen verändern, falls Sie doch bisschen dichter zueinander standen.


Dieses Tool ist aber genauso wie die Einschätzungen von Polizei und Veranstalter nur eine Annäherung, sie bildet keine absolute Wirklichkeit ab. Zudem ist eine Einschätzung nur ausschließlich durch Nachrichten-Bilder schwierig.

Zusammenfassend sind Teilnehmerzahlen von Demonstrationen grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen. Insbesondere wenn die Zahlen von Interessensgruppen getätigt werden, können sie (auch unbewusst) verfälscht sein. Daher beziehen sich die meisten Nachrichtenportale auf die Zahlen der Polizei.

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